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Kirchenasyl: Auch Jesus war ein Fremder und wurde aufgenommen

 

In den letzten drei Sitzungen hat sich der Kirchengemeinderat mit dem Thema Kirchenasyl auseinandergesetzt und diskutiert, ob auch Michaelis Kirchenasyl gewähren soll.

 

Fremdsein und Schutz in Notlagen sind in der Geschichte Israels elementare Erfahrungen. Kein Wunder also, dass in etlichen biblischen Texten dazu aufgefordert wird, verfolgten Fremden Schutz zu gewähren. Das Matthäusevangelium erzählt, dass auch Jesus und seine Eltern Flüchtlinge waren und in Ägypten Schutz bekamen. Im Christentum entwickelte sich daraus eine Schutztradition, zu der auch das heutige Kirchenasyl gehört. Es ist ein letzter, legitimer Versuch (ultima ratio) einer Gemeinde, Geflüchteten durch eine zeitlich befristete Schutzgewährung beizustehen, um auf eine erneute, sorgfältige Überprüfung ihrer Situation hinzuwirken.

 

Beim Kirchenasyl beherbergt eine Gemeinde also Menschen, denen durch eine Abschiebung Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohen. Dadurch macht die Gemeinde auch deutlich: Das grundgesetzlich verankerte Recht auf Schutz der Menschenwürde, von Freiheit und körperlicher Unversehrtheit gilt auch für einen Menschen, der von Abschiebung bedroht ist.
Eine Kirchengemeinde tritt mit der Gewährung von Kirchenasyl zwischen Behörden, die Anordnungen zum Abschiebungsvollzug auszuführen haben, und der geflüchteten Person. Das Kirchenasyl schafft Zeit für weitere Verhandlungen, für die Ausschöpfung aller Rechtsmittel und für eine sorgfältige Überprüfung des Schutzbegehrens, ein faires Verfahren und die Berücksichtigung aller Aspekte. Oft gelingt es, Entscheidungen von Behörden überprüfen zu lassen und ein neues Verfahren oder ein Bleiberecht zu erwirken.


Wenn eine Gemeinde ein Kirchenasyl gewährt, werden die zuständigen Behörden über den Aufenthalt im Kirchenasyl informiert, denn eine Gemeinde beansprucht ja keinen rechtsfreien Raum. Der Staat kann von seinem Zugriffsrecht Gebrauch machen, um die Abschiebung zu vollziehen. Es gibt aber eine grundsätzliche staatliche Toleranz des Kirchenasyls. Und ganz wichtig: Der Beistand durch Kirchenasyl wird immer gewaltfrei gewährt.

 

Bevor ein Kirchenasyl gewährt wird, gibt es durch den Flüchtlings-Beauftragten des Kirchenkreises Altholstein und der Nordkirche eine intensive Prüfung. Dabei wird geschaut, ob wirklich eine schwerwiegende, individuelle Härte aufgrund der geplanten Abschiebung vorliegt, und es muss eine sog. Bleibeperspektive gegeben sein. Besonders vulnerable Gruppen (z.B. junge, alleinstehende Frauen oder alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern, traumatisierte Geflüchtete) werden bei der Vergabe von Kirchenasyle bevorzugt.

 

Die Kosten eines Kirchenasyls werden nicht aus Kirchensteuermitteln bezahlt, sondern aus Spenden. Wir gewähren den kirchlichen Schutz als „stilles“ Kirchenasyl, d.h. wir hängen ein Kirchenasyl nicht „groß an die Glocke“, sondern handeln aus Nächstenliebe. Für die Begleitung der Menschen im Kirchenasyl, die das Kirchengelände nicht verlassen dürfen, bildet sich ein sogenannter Unterstützenden-Kreis, der dafür sorgt, dass die Personen gut begleitet und versorgt werden.

 

Was halten Sie vom Kirchenasyl? Der Kirchengemeinderat freut sich auf Ihre Rückmeldungen.

 

 

 

 

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